Der Exodus

Wichtigste Grundlage für die historische Verortung des Exodus bilden die beiden in Ex 1,11 genannten Städte Ramses und Pitom: Ex 1, 8-14: 8) Da kam ein neuer König auf in Ägypten, der wußte nichts von Joseph 9) und sprach zu seinem Volk: Siehe, des Volks der Kinder Israel ist viel und mehr als wir. 10) Wohlan, wir wollen sie mit List dämpfen, daß ihrer nicht so viel werden. Denn wo sich ein Krieg erhöbe, möchten sie sich auch zu unsern Feinden schlagen und wider uns streiten und zum Lande ausziehen. 11) Und man setzte Fronvögte über sie, die sie mit schweren Diensten drücken sollten; denn man baute dem Pharao die Städte Pithon und Raemses zu Vorratshäusern. 12) Aber je mehr sie das Volk drückten, je mehr es sich mehrte und ausbreitete. Und sie hielten die Kinder Israel wie einen Greuel. 13) Und die Ägypter zwangen die Kinder Israel zum Dienst mit Unbarmherzigkeit 14) und machten ihnen ihr Leben sauer mit schwerer Arbeit in Ton und Ziegeln und mit allerlei Frönen auf dem Felde und mit allerlei Arbeit, die sie ihnen auflegten mit Unbarmherzigkeit.


Der Exodus ist für Historiker eines der am schwersten fassbaren Ereignisse von allen herausragenden Ereignissen der Geschichte Israels. In der hebräischen Bibel beginnt die besondere Geschichte Israels mit der Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei des Pharao und ihrem Auszug aus Ägypten. Es gibt mehrere Pharaonen, die als Pharaonen des Exodus infrage kommen.

Immer noch kontrovers diskutiert wird die These des kanadischen Ägyptologen und Archäologen Donald B. Redford, der die biblische Exoduserzählung mit der archäologisch nachweisbaren Herrschaft von Pharao Ahmose I. in Verbindung bringt. So sollen die Hyksos mit den Israeliten identisch sein. In der Tat existieren Ähnlichkeiten zwischen dem Exodus und der archäologisch belegten Vertreibung der Hyksos aus Ägypten durch Pharao Ahmose I.. Pharao Ahmose I. war der Begründer der 18. Dynastie. Er ließ die Unwetterstele errichten, auf der von einer extremen Naturkatastrophe berichtet wird. Die Beschreibung dieser Naturkatastrophe erinnert stark an die Beschreibung der biblischen zehn Plagen. Der Himmel verfinsterte sich und es begann ein ununterbrochener Starkregen, der für mehrere Tage anhielt. Die hohen Niederschlagsmengen verursachten eine verheerende Nilflut, die Gebäude zerstörte und Menschen tötete. Es wird eine außergewöhnliche Dunkelheit beschrieben, die auch tagsüber anhielt. Die Naturkatastrophe soll sich zwischen dem 11. und dem 22. Regierungsjahr des Ahmose I. etwa in der Zeit zwischen 1539 v. Chr. bis 1528 v. Chr. ereignet haben. Während seiner Regierungszeit vollendete er die Vertreibung der Hyksos aus der Delta-Region, die sein Vater Kamose begonnen hatte. Ahmose, konnte Avaris, die Hauptstadt der Hyksos, um ca. 1530 v. Chr. einnehmen. Nach dem Fall der Stadt wurden die aus Ägypten fliehenden Hyksos von der ägyptischen Armee bis in den Sinai und nach Palästina verfolgt. Die Maßnahme der Vertreibung wird von einigen Bibelforschern als früher Exodus verstanden. Ein weiterer Kandidat ist Ramses II, der dritte altägyptische König (Pharao) aus der 19. Dynastie des Neuen Reichs. Er regierte von 1279 bis 1213 v. Chr. Nach Ansicht einiger Bibelforscher soll während seiner Regierungszeit der Exodus stattgefunden haben. Denn im zweiten Buch Mose 1,11 heißt es: Da setzte man Fronvögte über sie ein, um sie durch schwere Arbeit unter Druck zu setzen. Sie mussten für den Pharao die Städte Pitom und Ramses als Vorratslager bauen. Wissenschaftler vermuten, mit der Stadt Ramses war das historische Piramesse gemeint. Und diesen Ort hatte in der Tat Ramses II. zu einer großen Stadt ausbauen lassen.


Ein starkes Indiz dafür, dass Ramses aber nicht der Pharao des Exodus sein kann, findet sich ebenfalls in der Bibel. 1. Könige 6:1: Und es geschah im 480 Jahr nach dem Auszug der Kinder Israels aus dem Land Ägypten, im vierten Jahr der Regierung Salomos über Israel, im Monat Siv, das ist der zweite Monat, da baute er dem HERRN das Haus.  Der Bau des salomonischen Tempels fand etwa im Jahre 990 v. Chr. statt. Rechnet man die 480 Jahre hinzu, kommen man auf das Jahr 1470 v. Chr. Dies wäre etwa 200 Jahre vor Ramses II. Ein weiteres Argument, das gegen Ramses als Pharao des Exodus spricht, ist die Tatsache, dass seine Mumie bekanntlich im Museum in Kairo liegt und er somit nicht in den Fluten des Roten Meeres, biblischer Name Yam-Suf, unterging. Es hätte mehrere Wochen gebraucht, bevor die Suche nach seiner Leiche beginnen konnte. Wenn der Leichnam überhaupt gefunden worden wäre, hätte er sich während dieser Zeit durch die Wirkung des Salzwassers weitgehend zersetzt oder wäre von großen Beutetieren aufgefressen worden. Jedenfalls wäre sie nicht in dem Zustand, wie die Mumie Ramses II zeigt. Ein noch gewichtigeres Indiz verhindert ebenfalls, dass Ramses II als Pharao des Exodus angesehen werden kann. Im Ägyptischen Museum Berlin wurde 2010 ein Relief auf einem uralten verwitterten Granitblock entdeckt. Auf diesem haben sich in Hieroglyphenschrift drei Namen erhalten – zwei sind gut lesbar: Kanaan und Aschkelon. Der Dritte war zum Teil zerbröselt, konnte jedoch rekonstruiert werden: Er lautet "Israel". Dieses Relief bezeugt, dass der Name Israel als Land bereits bis zu 250 Jahre vor Ramses II bekannt war. Damit wäre diese ägyptische Inschrift das älteste bekannte Zeugnis, welches den Namen Israel erwähnt. Eine Erwähnung 200 Jahre älter als die sog. Merenptah-Stele, (1213 bis 1204 v. Chr.) von der bisher angenommen wird, dass sie die früheste Erwähnung Israels ist. Danach soll der Exodus deutlich früher als angenommen stattgefunden haben – vielleicht um das Jahr 1500. Das fällt in die Regierungszeit des oben erwähnten Pharao Ahmose I. (1550–1525 v. Chr.), den die meisten antiken Historiker für den Pharao des Exodus hielten.

Die gesamte Geschichte des Auszugs der Israeliten wird erzählt im Buch Exodus in Kapitel 1–15.


Im 1. Buch der Könige 6,1 wird der Auszug aus Ägypten auf 480 Jahre vor Baubeginn des salomonischen Tempels im 4. Regierungsjahr von Salomo datiert. Es gibt aber weder eindeutige historische Quellen noch archäologische Funde, die den Exodus bestätigen. Obwohl dem Ereignis nicht vollständig die historische Grundlage abgesprochen wird, halten die meisten Bibelforscher große Teile der biblischen Exoduserzählung für verfälscht. Darunter die Zehn Plagen und das Schilfmeerwunder. Auch im Koran wird eine Version des Exodus erzählt: Sure 7, 137: Und Wir gaben dem Volk, das unterdrückt worden war, zum Erbe die östlichen und die westlichen (Gegenden) des Landes, das Wir gesegnet haben. 138: Und Wir ließen die Kinder Isrāʾīls das Meer durchschreiten. Sie kamen zu Leuten, die sich zur Andacht an ihren Götzen zurückzogen.


In verschiedenen antiken schriftlichen Quellen wird die Auszugsgeschichte ebenfalls überliefert: Der griechische Geschichtsschreiber Diodor (* erste Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr.) schreibt in seiner Bibliothéke historiké 40,3,1–8: "Die Fremdenfeindlichkeit, der die Juden in Ägypten ausgesetzt waren, sei von einer Pestepidemie hervorgerufen worden, zu deren Abwendung alle Fremden aus dem Land getrieben worden seien. Die Mehrheit der Vertriebenen habe sich Mose angeschlossen und sei ihm gefolgt". Der jüdisch-hellenistische Historiker Flavius Josephus (* 37/38 n. Chr.) berichtet in seinem Werk Über die Ursprünglichkeit des Judentums in Kap. 2,112–114: Die Hyksos eine Gruppe ausländischer Könige, die Ägypten in der Zeit von der 13. bis zum Ende der 17. Dynastie regierten sind durch Kamose den letzten altägyptischen Pharao der 17. Dynastie unterworfen und nach Avaris (Auaris) getrieben worden. Nach jahrelangem Krieg der Ägypter gegen die Hyksos habe eine ägyptische Armee die Hyksos in ihrer Hauptstadt Avaris solange belagert, bis sie dem ägyptischen Angebot des Pharaos Tethmosis (Ahmose I.) dem Begründer der 18. Dynastie zustimmten, Ägypten mit ihren Familien und Habe zu verlassen. Der spätantike christliche Theologe und Geschichtsschreiber Eusebius von Caesarea (* 260/64 in Palestina) setzte den Auszug der Hyksos mit den Israeliten gleich. Er datiert den Auszug allerdings in die Zeit von Pharao Echnaton: "Um diese Zeit führte Moses die Juden in ihren Marsch aus Ägypten". Der griechische Geschichtsschreiber und Geograf Strabon (* etwa 63 v. Chr.) schrieb: Moses, der ein ägyptischer Priester gewesen sei, habe die Menschenmassen aus Ägypten hinausgeführt, weil er die Anbetung von Götterbildern oder Götterstatuen verabscheute. Im Zuge dieser Auswanderung sei die neue Nation Israel ohne Gewalt, allein durch die Lehren des Moses und den freiwilligen Anschluss der benachbarten Völker entstanden.


Belegt in ägyptischen Quellen sind Zwangsarbeit semitischer Nomaden, Apiru genannt, für Bauprojekte der Pharaonen des Neuen Reiches (18. bis 20. Dynastie, etwa 1500–1000 v. Chr.) und gelegentliche Fluchten von Kleingruppen solcher Zwangsarbeiter. Entsprechend kann ein historisches Ereignis als Hintergrund der Entstehung des Auszugs-Mythos nicht ausgeschlossen werden. Die Apiru werden oft mit den Hebräern des Tanach in Verbindung gebracht und sind möglicherweise eine von mehreren sozialen oder ethnischen Gruppierungen, aus denen sich während der sogenannten Landnahmezeit das Volk Israel herausbildete.


Der Exodus in Kurzform: Moses wird von Gott berufen, die Israeliten aus Ägypten herausführen. Er führt entsprechend diesem Auftrag Verhandlungen mit dem Pharao (Ex 5,1–6,1), die aber scheitern. Der Pharao weigert sich, die Israeliten ziehen zu lassen. Darauf folgen die 10 Plagen. (Ex 7,14–10,29) und (Ex 9–11). In Ex 14 wird der Auszug durch das Schilfmeer geschildert, womit im engeren Sinn der Exodus endet. Einige Autoren zählen auch noch die 40-jährige Wanderung durch die Wüste und die Bewahrung der Israeliten vor dem Hungertod durch Gott dazu. Am Berg Sinai (Horeb) offenbart Gott Moses die Zehn Gebote. Im Buch Exodus ist folgende Auszugsroute überliefert: Ramses > Sukkot > Pithom > Schilfmeer (hebräisch, „Yam-suf“) > Wüste Schur (Etam) > Elim > Refidim > Wüste Sin > Horeb. Weitere Stationen sind Hazeroth, Ezeon-Geber, Kades, Ort des Wasserwunders, Phunon, Oboth und der Berg Nemo, an dem Moses starb. Die im Buch Numeri überlieferten Wegstationen sind größtenteils deckungsgleich.  Nachdem die Israeliten den Ort Etam am Rande der Wüste erreicht hatten, veranlasst Gott sie zur Umkehr. Die Route führt jetzt in umgekehrter Richtung nach Pi-Hahirot, Baal-Zefon und Migdol und dann wieder zurück zur Wüste Schur (Etam). Ex 14,2: Sag den Israeliten, sie sollen umkehren und vor Pi-Hahirot zwischen Migdol und dem Meer ihr Lager aufschlagen. Gegenüber von Baal-Zefon sollt ihr am Meer das Lager aufschlagen. Ex 15,22-23: Mose ließ Israel vom Schilfmeer aufbrechen und sie zogen zur Wüste Schur weiter. Als sie nach Mara kamen, konnten sie das Wasser von Mara nicht trinken, weil es bitter war.


Im Buch Numeri heißt es: Num 33,7: Von Etam brachen sie auf, bogen nach Pi-Hahirot gegenüber Baal-Zefon ab und schlugen ihr Lager vor Migdol auf. Num 33,8: Von Pi-Hahirot brachen sie auf und zogen mitten durch das Meer in die Wüste. In der Wüste Etam waren sie drei Tage unterwegs und schlugen dann ihr Lager in Mara auf.


Die Ortsangaben in der Bibel konnten geografisch und historisch teilweise verifiziert werden.

Bibelforscher vermuten, mit der Stadt Ramses war das historische Piramesse gemeint. Die Hauptstadt des Neuen Reichs Piramesse wurde unter Ramses II. um etwa 1278 v. Chr. erbaut. Sie im östlichen Nildelta etwa einen Kilometer westlich der älteren Hyksosstadt Avaris. Die Israeliten sollen dem Buch Exodus nach bei dem Bau dieser „Vorratsstadt“ zum Frondienst gezwungen worden sein. Von dort ausgehend seien sie später aus Ägypten ausgezogen. Ex 1,11 Da setzte man Fronvögte über sie ein, um sie durch schwere Arbeit unter Druck zu setzen. Sie mussten für den Pharao die Städte Pitom und Ramses als Vorratslager bauen. Andere Forscher wiederum vertreten die Ansicht, dass der als Tell ed-Dab‘a bekannte archäologische Fundort mit der biblischen Stadt "Ramses" identisch sein könnte. Die Stätte liegt im Nildelta, dort wo einst Avaris (Auaris) die Hauptstadt der Hyksos stand. In der Antike zu Zeiten des Moses lag Auaris am östlichsten der Deltaarme, dem Pelusischen Nilarm.


Sukkot ist der hebräischen Bibel nach, die erste Ortschaft, die die Israeliten beim Auszug aus Ägypten erreichen. Ex 12,37: Die Israeliten brachen von Ramses nach Sukkot auf. Das Alte Testament kennt zwei Orte namens Sukkot. Der erste Ort lag, so wird vermutet, im östlichen Nildelta am Rande der Wüste Sinai. Im Buch Numeri wird die Lage so angegeben: Num 33,6: Von Sukkot brachen sie auf und schlugen ihr Lager in Etam, am Rand der Wüste, auf. Der andere liegt im Jordantal. So steht es im Buch Josua: Jos 13,27: dazu im Tal Bet-Haram, Bet- Nimra, Sukkot und Zafon - der Rest des Reiches Sihons, des Königs von Heschbon -, ferner der Jordan und das Gebiet bis zum Ende des Sees von Kinneret jenseits des Jordan im Osten. Diesen Ort kann das Buch Exodus nicht meinen, da er bereits in Palästina, das den Israeliten verheißene Gelobte Land liegt. Das Land Kanaan, das die Israeliten am Ende ihrer 40-jährigen Wanderung in Besitz nehmen.

Pithom wird im 2. Buch Mose (Ex 1,11) neben Ramses als Stadt genannt. Der Ort lag nach einhelliger Meinung im Wadi Tumilat. Das Wadi Tumilat ein etwa 50 km langes, flaches Tal im östlichen Nildelta am Timsahsee, einem den Bitterseen vorgelagerten Salzsee. Strittig ist aber mit welchem archäologischen Fundplatz der Name Pithom in Verbindung gebracht werden kann. Infrage kommen Tell el-Maschuta oder die Festungsstadt Tell er-Retaba. Ausgrabungen belegen, dass Tell el-Maschuta im 16. Jahrhundert v. Chr. (1600 bis 1550 v. Chr.) als Außenposten von den Hyksos gegründet wurde. Nach der Vertreibung der Hyksos durch Kamose und Ahmose I. verfiel die Siedlung und blieb für mindestens den Zeitraum von 1550 bis 652 v. Chr. unbewohnt blieb. Tell el-Maschuta wurde erst wieder im ausgehenden 7. Jahrhundert v. Chr. unweit von Tell er-Retaba neu gegründet. Tell er-Retaba lag am östlichen Rand des Timsahsee. Einige Archäologen identifizierten den Ort ebenfalls mit dem biblischen Pitom. Die Identifikation ist jedoch strittig, da dafür zunächst auch die Nachfolgesiedlung Tell el-Maschuta infrage kam. Im 15 Kilometer östlich von Tell er-Retaba liegenden Tell el-Maschuta wurde die Statue eines altägyptischen Beamten namens Anch-chered-nefer gefunden. Auf der Statue wird der Name Per Tem erwähnt, was die Vermutung aufkommen ließ, dass es sich bei Tell el-Maschuta um das biblische Pitom handeln könne. Das ist nicht ganz abwegig, da der Ortsname Pithom die hebräische Form des altägyptischen Per Tem/Pi-Tem = Haus des Atum ist. In Tell el-Maschuta wurden auch mehrere Denkmäler aus der Zeit von Ramses II., dem biblischen Pharao, gefunden. Weitere archäologische Untersuchungen konnten allerdings auch zweifelsfrei belegen, das nachdem Pharao Necho II. um etwa 600 v. Chr. den Bubastis-Kanal, einen Kanal in östlicher Richtung durch das Wadi Tumilat zum Timsahsee und von dort nach Süden ins Rote Meer bauen ließ, Tell er-Retaba von den Bewohnern verlassen und ein Umzug in das 15 km entfernten neu erbaute Tell el-Maschuta erfolgte. Ein Großteil der dort gefundenen Denkmäler und Statuen stammen nachweislich aus Tell er-Retaba. Die Vermutung Tell el-Maschuta sei das biblische Pithom wurde mittlerweile aufgegeben.


Die Geschichte der
Meeresteilung wird bis heute häufig am Roten Meer verortet. Doch im Alten Testament ist immer nur vom "Schilfmeer" oder allgemein von "Meer" die Rede, nicht vom Roten Meer. Eine genaue Lokalisierung des Schilfmeeres ist schwierig, da die verschiedenen Überlieferungen unterschiedliche Regionen nennen und genaue Ortsangaben fehlen.


Die Landschaftsangabe „Wüste Schur“ ist nur im Buch Exodus belegt. Ex 15,22-23: Mose ließ Israel vom Schilfmeer aufbrechen und sie zogen zur Wüste Schur weiter. Drei Tage waren sie in der Wüste unterwegs und fanden kein Wasser. Als sie nach Mara kamen, konnten sie das Wasser von Mara nicht trinken, weil es bitter war. Deshalb nannte man es Mara (Bitterbrunn). Damit wird die Region bezeichnet, in welche die Israeliten nach ihrem Aufbruch vom Schilfmeer gelangen. Demzufolge müsste die Wüste Schur östlich des Schilfmeers liegen. Der biblischen Erzählung nach soll der Ort Mara ebenfalls in der Wüste Schur liegen. Da sich Mara nur anhand der topografischen Lagebeschreibungen des Schilfmeers und der Wüste Schur lokalisieren lässt, sind aus den im Exodus angegebenen Wegstationen nur bedingt Rückschlüsse auf die Lage der Wüste Schur zu ziehen. Die Wüste Schur wird aber nach überwiegender Meinung mit dem Wüstengebiet gleichgesetzt, das sich östlich des Nildeltas und des Isthmus von Suez bzw. der Bitterseen erstreckt. Wenn das Schilfmeer entweder mit dem Golf von Suez oder den Bitterseen gleichgesetzt wird, würde diese Lokalisierung zu den Angaben von Ex 15 passen und die Wüste Schur müsste folglich östlich dieser Gewässer liegen. Das Buch Numeri nennt anstelle der Wüste Schur die Landschaftsangabe Wüste Etam: Num 33,8: In der Wüste Etam waren sie drei Tage unterwegs und schlugen dann ihr Lager in Mara auf. Die Gleichsetzung beider Landschaftsangaben wird aber angenommen, da die Israeliten in beiden Fällen sowohl von der Wüste Schur als auch der Wüste Etam nach drei Tagesreisen in Mara ankommen. Der Wechsel des Namens ist wahrscheinlich auf die Wendung zurückzuführen, dass in beiden Fällen der Ort Etam „am Rand der Wüste“ liegen soll. Ex 13,20: Sie brachen von Sukkot auf und schlugen ihr Lager in Etam am Rand der Wüste auf. Num 33,6: Von Sukkot brachen sie auf und schlugen ihr Lager in Etam, am Rand der Wüste, auf.


Das Buch Exodus beschreibt Elim als eine fruchtbare Oase mit Wasserstellen und Baumbestand: Ex 15,27: Dann kamen sie nach Elim. Dort gab es zwölf Quellen und siebzig Palmen; dort am Wasser schlugen sie ihr Lager auf. Elim ist nach Mara (Ex 15,23) die zweite Station nach dem Aufbruch vom Schilfmeer und der Durchquerung der Wüste Schur. Von Elim aus kamen die Israeliten in die Wüste Sin, die zwischen Elim und Sinai liegen soll: Ex 16,1: Die ganze Gemeinde der Israeliten brach von Elim auf und kam in die Wüste Sin, die zwischen Elim und dem Sinai liegt. Dann müsste topografisch gesehen Elim zwischen der Wüste Schur und der Wüste Sin liegen. In einer christlichen Pilgererzählung aus dem 6. Jh. n. Chr. wird berichtet, dass die Pilgergruppe an einem Ort mit 72 Palmen und 12 Quellen Rast machte und dass dort ein Kastell namens Surandala sei. Dorthin will sie von Sukkot und Migdol aus gekommen sein.


Auf ihrer Wüstenwanderung kommen die Israeliten nach Refidim: Ex 17,1-2: Die ganze Gemeinde der Israeliten zog von der Wüste Sin weiter, von einem Rastplatz zum andern, wie es der Herr jeweils bestimmte. In Refidim schlugen sie ihr Lager auf. Weil das Volk kein Wasser zu trinken hatte, geriet es mit Mose in Streit und sagte: Gebt uns Wasser zu trinken! Mose schlägt auf Geheiß Gottes am Horeb (Ex 17,6) mit seinem Stab auf den Felsen, sodass aus diesem rettendes Wasser kommt. Refidim wird also in der Nähe des Horeb verortet. Eine genaue Lokalisierung ist jedoch schwierig. Das hebräische Wort refidim bedeutet Rastplätze. Als Ortsangabe verstanden bezeichnet Refidim die letzte Station der Israeliten vor dem Sinai. Lokalisierungsvorschläge gibt es mehrere. Zwei Beispiele: (1) der Bergrücken er-Rafīd östlich des Golfes von Akaba und (2) das Wādī Refāyid beim Ğebel Ḥawētī / Ğebel Rufayyid nordwestlich des Ğebel Mūsā im Sinai-Zentralmassiv. Gebel Musa ist arabisch, heißt übersetzt Mosesberg und wird von einem Teil der Bibelforschung mit dem Berg Sinai gleichgesetzt.



Nach der Schilderung im Buch Exodus ist die Wüste Sin eine der ersten Stationen auf der Wanderung der Israeliten von Ägypten nach Kanaan. Vom Schilfmeer kommen sie zunächst in die Wüste Schur (Ex 15,22), von dort aus nach Mara und Elim, bevor sie in die Wüste Sin gelangen. Diese Wüste soll zwischen Elim und Sinai: Ex 16,1 Die ganze Gemeinde der Israeliten brach von Elim auf und kam in die Wüste Sin, die zwischen Elim und dem Sinai liegt. bzw. Refidim: Ex 17,1 Die ganze Gemeinde der Israeliten zog von der Wüste Sin weiter, von einem Rastplatz zum andern, wie es der Herr jeweils bestimmte. In Refidim schlugen sie ihr Lager auf, liegen. Der Sinai oder besser die Sinaihalbinsel ragt bis ins Rote Meer hinein. Westlich der Halbinsel liegt der Golf von Sues, östlich der Golf von Akaba. Die Landschaft ist wüstenhaft und besonders im Süden von schroffen, kahlen Gebirgen geprägt. Horeb ist in der Bibel der „Gottesberg“, auf dem sich Gott dem Propheten Mose in einem brennenden Dornbusch offenbart: Ex 3,1-2: Mose weidete die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro, des Priesters von Midian. Eines Tages trieb er das Vieh über die Steppe hinaus und kam zum Gottesberg Horeb. Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch empor schlug. Er schaute hin: Da brannte der Dornbusch und verbrannte doch nicht. Ob der Berg Horeb mit dem biblischen Sinaiberg identisch war oder später mit ihm gleichgesetzt wurde, ist strittig. Der Berg Sinai liegt auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel und ist 2285 m hoch. Er heißt auf arabisch Dschebel Musa (Mosesberg). Auf dem Gipfel befindet sich eine Mose und der heiligen Dreifaltigkeit geweihte Kapelle. Die Kapelle soll an der Stelle erbaut worden sein, wo Mose den brennenden Busch erlebt habe, und von Gott auf zwei Steintafeln die 10 Gebote erhalten hat. Das tragbare Heiligtum, das sie zur Aufbewahrung der Steintafeln errichteten, die Bundeslade, war aus Akazienholz, ein auch heute noch auf der Sinai-Halbinsel heimischen und sehr verbreiteten Gewächses. Das Land Midia, auf das die Bibel Bezug nimmt, liegt ungefähr südöstlich von Kanaan. Die Bibelforschung nimmt deshalb an, dass sich die betreffende Gegend im nordwestlichen Teil des heutigen Saudi-Arabiens östlich des Golfs von Akaba befand. Alternativ werden auch die Berge Dschabal al-Lauz oder Hala l-Badr beide im Nordwesten Saudi-Arabiens gelegen, mit dem Berg Horeb gleichgesetzt.


Der Aufenthalt der Israeliten im Sinai-Gebirge dauerte fast ein Jahr. Danach ging es Richtung Norden weiter nach Kanaan. Die nächste Etappe hieß Kades. Der Weg dorthin führt am Westufer des Golfes von Akaba entlang zur Wüste Paran. Auf dem Weg dorthin liegen auch die Rastplätze Hazeroth und Ezeon-Geber. Num 12,16: Erst nachher brach das Volk von Hazerot auf und schlug dann sein Lager in der Wüste Paran auf. Num 13,26: Sie kamen zu Mose und Aaron und zu der ganzen Gemeinde der Israeliten in die Wüste Paran nach Kadesch (Kades). Von der Wüste Paran aus werden Kundschafter in das Land Kanaan gesandt (Num 13,2). Num 33,36  identifiziert dagegen Kadesch mit der Wüste Zin: Num 33,36: Von Ezjon-Geber brachen sie auf und schlugen ihr Lager in der Wüste Zin, das heißt Kadesch, auf. Diese Verortung kann aber nicht stimmen, denn die Wüste soll laut dem Buch Exodus zwischen Elim und Sinai liegen.

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