Die Heilige Lanze (auch unter dem Namen Longinuslanze oder Mauritiuslanze bekannt) ist das älteste Stück der Herrschaftsinsignien der Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reiches. Ein Herrscher, der diese Lanze besaß, galt als unbesiegbar. Sie wird neben anderen Reichskleinodien in der Schatzkammer in Wien aufbewahrt. Die heilige Lanze ist das älteste Stück der Reichskleinodien .
Dabei handelt es sich um eine Flügellanzenspitze, wie sie seit dem Frühmittelalter bis etwa 1200 verwendet wurde. Im Lanzenblatt wurde ein ornamental gefertigtes Eisenstück ( Dorn, lat. spina) eingepasst, dessen unteres abgebrochenes Ende fehlt. Der mit vierfachem Silberdraht umwickelte Dorn galt jahrhundertelang als der „Heilige Nagel“. Dieser Mythos wurde mittlerweile widerlegt. Das Lanzenblatt ist gebrochen. Die Bruchstelle ist dreifach verkleidet, zuerst mit einem schmalen Eisenband, dann mit einem breiten Silberblech und zuletzt mit einem Goldblech. Der Auftraggeber der obersten goldenen Manschette war Kaiser Karl IV. Sie trägt die lateinische Inschrift, hier übersetzt: "Lanze und Nagel des Herrn". Der Legende nach gehörte die Lanze Mauritius, dem Anführer der Thebaischen Legion. Diese war in der Thebais (Gegend um Theben) ausgehoben worden und bestand nur aus Christen. Die Legion war in Agaunum (heute St-Maurice in der Schweiz) stationiert und wurde vom römischen Kaiser zum Tode verurteilt, weil sie sich geweigert hatten, ihre Glaubensbrüder zu verfolgen. Eine andere Quelle behauptet, die Lanze gehörte dem römischen Zenturio (Hauptmann) Longinus, der mit ihr den Tod Jesu überprüfte, wodurch die Spitze mit dessen Blut getränkt wurde. Etwas von der austretenden Wundflüssigkeit spritzte auf das Gesicht des Zenturio und soll sein' Augenleiden geheilt haben, woraufhin er das mit Erde vermischte Blut gesammelt hat und sich taufen ließ. Joh 19,34: einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus. Erst apokryph wird der Soldat als Longinus benannt und zunehmend als Zenturio bezeichnet. König Ludwig IX. von Frankreich (1214–1270), der zwei Kreuzzüge anführte, brachte viele christliche Reliquien nach Paris, so die Dornenkrone und auch die Spitze einer Lanze, die ebendiesem römischen Hauptmann Longinus gehört haben soll. Die Lanze soll angeblich auch ein Stück eines Nagels vom Kreuz Christi (Heiliger Nagel) enthalten. Es gibt verschiedene Legenden rund um die Lanze und die Nägel. Im 10. Jahrhundert hieß die Lanze noch schlicht lancea sacra (Heilige Lanze) Erst später entstand die Legende, dass sie von dem christlichen Kommandeur Mauritius, der im Jahr 303 vom damaligen römischen Kaiser Maximian mitsamt seiner Legion zum Tode verurteilt wurde, getragen worden sei. Diese Herkunftserklärung wurde so populär, dass der Römisch-deutsche Kaiser Heinrich III. die Lanze von einer silbernen Manschette mit einer dem Heiligen Mauritius gewidmeten Inschrift umfassen ließ. Die silberne Manschette trägt folgende lateinische Inschrift, hier übersetzt: "Nagel des Herrn + Heinrich von Gottes Gnaden der Dritte, erhabener Kaiser der Römer, befahl dieses Silberstück herzustellen zur Befestigung des Nagels der Heiligen Lanze des Mauricius + heiligen Mauricius". Aus der Zeit der Kreuzzüge ist folgende Geschichte überliefert: Als das auf ein paar Hundert Ritter zusammengeschrumpfte Kreuzfahrerheer 1098 während des 1. Kreuzzuges, das uneinnehmbare Antiochia, damals die drittgrößte Stadt der antiken Welt, durch den Verrat eines Armeniers namens Firuz endlich erobert hatte, sah es sich einem riesigen türkischen Heer gegenüber, das alsbald die ganze Stadt umzingelte; eine Niederlage war eigentlich unvermeidlich.
Doch die belagerten christlichen Ritter glaubten in der St.-Petrus-Grotte die „Heilige Lanze“ gefunden zu haben, mit der die römischen Soldaten dem am Kreuz hängenden Jesus in die Seite gestochen hatten. Mit dieser Lanze vorneweg machten sie einen verzweifelten Ausfall und besiegten gegen jede Chance das völlig überraschte muslimische Heer. Die St.-Petrus-Grotte ist eine Höhlenkirche in der Türkei, in der Nähe der antiken Antiochia am Orontes. Es ist die einzige in Antakya verbliebene christliche Spur aus der Antike und soll vom Apostel Lukas gegründet worden sein. Lange Zeit diente die ihren Besitzern daher als Instrument zur Sicherung ihrer Macht und ihres Herrschaftsanspruches. Sie etablierte sich im Laufe der Zeit neben der eigentlichen Reichskrone immer mehr als Herrschaftslegitimation der Könige und Kaiser. Doch ab dem 12. Jahrhundert verlor die heilige Lanze gegenüber der Reichskrone nach und nach wieder an Bedeutung. Erst Karl IV. entdeckte ihre alte Bedeutung als Herrschaftslegitimation wieder und ließ sie sich von Papst als Reliquie bestätigen. In diesem Zusammenhang wurde vom Papst nicht nur bestätigt, es handle sich um die Lanze des römischen Hauptmanns Longinus, der bei der Kreuzigung Jesu zugegen gewesen sei und dessen Tod mit einem Stich dieser Lanze überprüft habe, sondern auch, dass sie neben den Splittern vom Kreuz Christi einen Nagel davon enthalte, was die Lanze zu einer Doppelreliquie und zu einer der wertvollsten Reliquien der Christenheit machte. Im Jahr 1354 wurde sogar ein Feiertag zu Ehren der Lanze, das „Hochfest der Heiligen Lanze samt Kreuznagel“ eingeführt. Dabei erhielt die Lanze eine erneute Ummantelung, diesmal aus Gold, um eine Bruchstelle zu fixieren und zu kaschieren. Dies verlieh der Heiligen Lanze auch ihr heutiges Aussehen (siehe Bild oben). Die Authentizität der Heiligen Lanze in Wien wurde inzwischen wiederholt angezweifelt. Noch andere Lanzen erheben den Anspruch, die Heilige Lanze zu sein. So soll z. B. der Apostel Thaddäus angeblich eine Lanze, mit der auf Golgatha der Tod Christi festgestellt wurde, nach Armenien gebracht haben. Diese wird im Geghard-Kloster im Museum der Kathedrale von Etschmiadsin aufbewahrt. Auch eine im Petersdom in Rom aufbewahrt Lanze erhebt den Anspruch, die authentische Heilige Lanze zu sein. 1492 bot der osmanische Sultan Bajazeth II. dem Papst Innozenz VIII. eine andere Longinus-Lanze an. Diese sei nach der Eroberung von Konstantinopel 1453 in seinen Besitz gekommen. Deren abgebrochene äußerste Spitze sei die von Ludwig IX. nach Paris gebrachte Reliquie gewesen. Diese Papstlanze befindet sich im Petersdom in Rom. Unabhängig davon belegen metallurgische Untersuchungen der Montanuniversität Leoben aus dem Jahr 1914, dass die Heilige Lanze in Wien nicht aus der Antike stammt, sondern erst im 8. Jahrhundert nach Christus hergestellt worden sein kann. Was bleibt dann noch übrig von der Legende der Heiligen Lanze. Genauere Untersuchungen des Aufbaus der Lanzenspitze ergeben einige interessante Antworten. So galt der in das Lanzenblatt eingearbeitete Dorn jahrhundertelang als einer der heiligen Nägel. Der Legende nach wurde Jesus Christus mit den Heiligen Nägeln an das Kreuz geschlagen. Nach der Kreuzabnahme sollen die Nägel zusammen mit dem Kreuz vergraben worden sein. Helena, die Mutter von Konstantin dem Großen, ließ im Heiligen Land nach Gegenständen suchen, die mit dem Leiden und Sterben Christi in direktem Zusammenhang standen. Zusammen mit dem Heiligen Kreuz sollen im Jahre 325 auch die Nägel gefunden worden sein. Einer davon soll später in die Heilige Lanze eingepasst worden sein. Eine kürzlich durchgeführte Röntgenfluoreszenzanalyse ergab jedoch, dass der Dorn kein (Kreuz-)Nagel gewesen sein kann. Das verwendete Material stammte nicht aus der Römerzeit. Jedoch enthält die Lanze möglicherweise kleine Partikel aus einem der heiligen Nägel . So soll im Mittelalter in das Lanzenblatt ein Nagelpartikel eingefügt worden sein, dem man zuschrieb, vom Kreuz Christi zu stammen. Dafür sprechen kleine Klümpchen eines unbekannten Materials, die bei der Röntgenfluoreszenzanalyse unter den Kreuzintarsien auf dem Dorn sichtbar wurden. Wollte man dieses jedoch genauer untersuchen, müsste die Reliquie zerstört werden. Dieses Geheimnis der Heiligen Lanze wird somit ungelöst bleiben. Wenigstens ein schriftlicher Beleg dafür könnte aber die erstmalige umfangreiche Beschreibung der Lanze sein, die von Liutprand von Cremona, einem Geschichtsschreiber aus der Zeit Otto I. stammt. Um das Jahr 961 schrieb er über das Aussehen der Lanze (deutsche Übersetzung): „Die Lanze war anders als die sonstigen Lanzen, nach Art und Gestalt etwas Neues, insofern, als das Eisen beiderseits des Grats Öffnungen hat, und statt der kurzen seitwärts gerichteten Zweige erstrecken sich zwei sehr schöne Schneiden bis zum Abfall des Mittelgrats … Und auf dem Dorn, den ich vorher den Grat nannte, trug sie Kreuze aus den Nägeln (die durch die Hände und Füße unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus geschlagen waren)…“. Eine weitere Untersuchung unter dem Mikroskop mit 24-facher Vergrößerung brachte im mittleren Teil der Lanze ein Fischsymbol zum Vorschein. Der Fisch war zur Römerzeit ein Geheimcode unter den Christen. Hinter dem Fisch befanden zwei winzige, kaum erkennbare Buchstaben: I und R. Das „Ι“ stand für das altgriechische Wort lesous, das für Jesus stand. Das „R“ stand für Rex, zusammen Jesus Rex.
Im Kontext der heiligen Nägel ist folgende Legende interessant: Die Königskrone der Langobarden, auch eiserne Krone genannt. Die Krone besteht aus einem sechsteiligen, grün-emaillierten und mit 22 Edelsteinen (Rubine, Saphire und Amethyste) besetzten unregelmäßig runden Goldreif. Die sechs Platten des Goldreifs sind jeweils 8 cm lang und leicht gebogen. Die Krone hat ihren Beinamen, die eiserne Krone von einem schmalen, gehämmerten Metallbügel von 2 cm Breite, der im Inneren des Goldreifs verläuft und der Legende nach, ein Nagel vom Kreuze Christi sein soll. Nach historisch unvollständig verbürgten Berichten habe die hl. Helena ihrem Sohn, Kaiser Konstantin, zwei aus Nägeln vom Kreuz Christi verfertigte Gegenstände überbringen lassen: eine edelsteingeschmückte Krone und einen Pferdezaum. Papst Gregor der Große habe die Krone von Kaiser Tiberias Augustus in Byzanz als Geschenk erhalten und sie an Theodolinde, die Königin der Langobarden, weitergegeben. Theodolinde heiratete zwei Langobardenkönige (König Authari und König Agilulf) und war deshalb von 589 bis 626 langobardische Königin. Eine 1993 mithilfe einer Röntgenfluoreszenzanalyse und der Radiokarbonmethode durchgeführte chemische Analyse ergab jedoch keinerlei Eisenbestandteile. Das Innere der Krone wird zwar von einem Metallbügel zusammengehalten, der aber aus fast reinem Silber besteht. Er wurde im Jahr 1345 der Königskrone beigefügt, um sie zu stabilisieren, da sie, verschiedenen Quellen zufolge, damals schon sehr alt war. Aus einer weiteren schriftlichen Quelle von 1159 kann aber abgeleitet werden, dass die Krone zu früheren Zeiten einen weiteren, inzwischen verlorenen, tatsächlich eisernen Bügel gehabt haben könnte. Die ältere Forschung geht davon aus, dass die Krone bereits im Frühmittelalter, etwa im 8. oder frühen 9. Jahrhundert, Symbol königlicher Macht gewesen sei. Davon abweichend ergab die chemische Analyse zwei aufeinander folgende, noch frühere Entstehungsperioden einzelner Bestandteile der Krone, etwa um 450/500 und um 800. Das würde eine Anfertigung zur Zeit der Langobarden bestätigen. Als der Kaiser Theodosius im Jahr 395 starb, hielt der Bischof von Mailand Ambrosius eine bis heute überlieferte berühmte Leichenrede auf diesen letzten Herrscher des römischen Imperiums. In seiner Rede sprach Ambrosius auch von einer eisernen Krone, die neben dem toten Kaiser präsentiert wurde. Die Krone sei über Konstantin zu Theodosius gelangt, bis hin zu König Desiderius (757 – 774). Dieser letzte König der Langobarden wurde von den Franken unter Karl dem Großen im Jahre 774 abgesetzt. Karl der Große nahm nun selbst mit der Eisernen Krone, die hier ausdrücklich erwähnt wird, den Titel „Rex Langobardorum“ – König der Langobarden an. Die Krone gab es vermutlich zu Lebzeiten des Kaisers Konstantin I. wahrscheinlich noch nicht. Der heilige Nagel aber wurde zunächst als Reliquie von den Herrscherfamilien aufbewahrt, bis jemand entschied, ihn als heiliges Symbol der Macht an die Krone zu schmieden. Im Laufe der Jahrhunderte ging er dann wohl irgendwann verloren.