Der Stern von Betlehem

Das Matthäusevangelium Mt 2, 7 und 9 erzählt von den Sterndeutern, die der Stern von Betlehem (Stern der Weisen) zum Geburtsort Jesu geführt hat: 7 Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. 9  Er zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Verschiedene wissenschaftlich nicht anerkannte astronomische und astrologische Theorien beziehen den „Stern von Betlehem“ auf einige vor der Zeitenwende sichtbar gewesene Himmelsphänomene, um so Jesu Geburt genauer zu datieren:


  • den Halleyschen Kometen (12–11 v. Chr.),
  • eine große Konjunktion von Jupiter und Saturn im Sternbild Fische (7 v. Chr.),
  • eine Konstellation von Sonne, Jupiter, Venus und Mond im Sternbild Widder (6 v. Chr.),
  • ein unbekannter Komet oder eine Nova (5 oder 4 v. Chr.) oder
  • zwei verschiedene Konjunktionen von Venus und Jupiter (3–2 v. Chr.).


Die Kometen-, Konjunktions- und Nova-Theorien weisen jedoch Schwächen auf.  Der Altorientalist Werner Papke nahm an, der Stern von Betlehem sei eine Supernova gewesen, die im Sternbild Haar der Berenike aufgeleuchtet sei. Außerbiblische Erwähnungen einer solchen Supernova in diesem Sternbild sind jedoch nicht bekannt. Gegen die Kometentheorie spricht, dass ein Komet keinen exakten Ort markiert hätte und auch nicht an einer bestimmten Stelle stehen geblieben wäre. 


Der Astronom Konradin Ferrari d’Occhieppo wies 1964 auf eine7 v. Chr. erfolgte dreifache Jupiter-Saturn-Konjunktion im Zeichen der Fische hin. Die Konjunktionen schienen gut in den ungefähren Zeitraum der Geburt Jesu zu passen. Die drei Konjunktionen ereigneten sich im Abstand von Monaten, sodass genug Zeit für eine Reise von Babylon nach Judäa gewesen sei. Gegen diese Theorie wird eingewandt, dass Matthäus in seiner Erzählung über die Geburt Jesu das griechische Wort für „Stern“ gebraucht hatte und nicht das für „Planet“ oder „Planetenkonstellation“. Man habe damals sehr wohl zwischen Fixsternen und Planeten unterscheiden können. Dieser Einwand setzt aber voraus, dass auch Matthäus diese Unterscheidung kannte. Die babylonischen Astrologen sahen in einer großen Konjunktion wie der Begegnung der Planeten Jupiter und Saturn Vorzeichen wichtiger historischer Ereignisse, etwa eines neuen Zeitalters, einer neuen Dynastie, der Geburt eines Propheten oder eines großen Königs. Doch sind heute mindestens vier Keilschrifttafeln bekannt, auf denen die Babylonier die Umlaufbahnen von Planeten wie Saturn und Jupiter im Jahr 7 v. Chr. vorausberechnet haben. Dort spielte deren große Konjunktion keinerlei Rolle. Ob die Babylonier ihr daher überhaupt Bedeutung beimaßen, ist zumindest zweifelhaft. Am 12. August 3 v. Chr. passierte Venus den Jupiter im Sternbild des Löwen mit einem Abstand von 0°4'. Bei dieser Konjunktion waren die Planeten mit bloßem Auge betrachtet als gemeinsamer Morgenstern in der Dämmerung zu sehen.  Diese Konjunktion war im ganzen Nahen und Mittleren Osten sichtbar und daher gut als Wegweiser von Babylon her geeignet.  Diese Theorie verlangt jedoch, das Todesjahr des Herodes auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen, als dass dies zumeist angenommen wird. Herodes (geboren 73 v. Chr. ; gestorben 4 v. Chr.) war nach Matthäus (Mt 2,1: Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem, der König von Judäa, der wegen des Besuchs der Sterndeuter und deren Frage nach der Geburt des „Königs der Juden“ (d. h. Jesus) um seine eigene Regentschaft bangte und schließlich die Ermordung aller Knaben bis zum Alter von zwei Jahren in Bethlehem befahl.


Der US-Astronom Michael R. Molnar veröffentlichte 1999 eine neue Theorie zum Stern von Betlehem. Er nahm an, die von Matthäus erwähnten Sterndeuter seien Astrologen aus dem Zweistromland (damals „Chaldäer“ genannt) gewesen, die sich an Horoskopen orientiert hätten. Sie seien nicht wegen eines Kometen, einer Konjunktion oder Nova nach Judäa gereist, sondern wegen einer bestimmten, astrologisch berechneten Relation zwischen Planeten und Sternbildern, die sie als Vorhersage der Geburt eines mächtigen Königs in Judäa gedeutet hätten. Damalige Astrologen hätten eine Königsgeburt unter dem Zeichen des Widders in Judäa vorausgesagt. Die Tetrabiblos, eine Schrift über die Sterndeutung, die der griechische Naturforscher Claudius Ptolemäus im 2. Jahrhundert n. Chr. erstellte, ordnet Judäa, dem Sternbild Widder zu. Daraufhin suchte Molnar eine entsprechende Planetenkonstellation aus dieser Zeit. Er wurde fündig: Am 17. April des Jahres 6 v. Chr. habe Jupiter seinen heliakischen Aufgang im Sternbild Widder gehabt, und die Sonne sei darin ebenso wie die Venus „exaltiert“ gewesen. Das hatten damalige Astrologen als Zeichen besonderer Macht gedeutet. Zudem sei noch am selben Tag eine Jupiterbedeckung durch den Mond erfolgt. Dieses außergewöhnliche Zusammentreffen könnte die Astrologen tatsächlich zur Reise nach Judäa veranlasst haben. Es bleibt aber offen, wie der Jupiteraufgang im Osten die Sterndeuter genau an den Geburtsort Jesu leitete, wie ihr Bericht davon zu einem Evangelisten gelangte und warum damalige jüdische Quellen davon schweigen, bzw. darüber nicht berichtet haben.


Die biblischen Autoren fassten Himmelsphänomene als Hinweise auf besondere Geschichtsereignisse auf. In der biblischen Prophetie wurden sie aber meist als Zeichen für kommendes Unheil verstanden. Zum Beispiel im Zusammenhang mit dem angekündigten Endgericht: Mk 13,25: die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Joel 4,15: Sonne und Mond verfinstern sich, / die Sterne halten ihr Licht zurück.

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